Mittwoch, 19. Dezember 2012

TINE ROU und wie man ihr ein Schnippchen schlägt

für Bettina

Fast jeder kennt sie, sie treibt es fast mit jedem von uns, die Schlampe! Jeder lässt sich auf sie ein. Jeder braucht sie und hasst sie gleichermaßen, als hinge unser Leben von ihr ab.

Schon morgens geht es enervierend los. Sie zwingt uns zu den ewig gleichen Abläufen. Unsere Lebenspartner lässt sie auch sehr gern nach ihrer Pfeife tanzen. Tine schreibt uns quasi vor, was wir wie, wann und wo machen.


copyright: „Break it“ by Marilette

Der Gang in die Küche.
Du bist noch ganz marode von einer viel zu kurzen Nachtruhe, fühlst dich steinalt und schon zwingt sie dich, Wasser in die verdurstende Kaffeemaschine zu füllen, den widerlichen, sauer riechenden, nasskalten Filter des Vortags in den Abfall zu werfen, einen Neuen einzulegen, ihn mit 6 Löffeln Kaffee zu füllen und das On-Knöpfchen der Maschine zu betätigen.
OK, du freust dich schon ein wenig, wenn das Teil zu röcheln und zu gurgeln anfängt, der Kaffeeduft durch die Küche wabert, derweil du dich im Bad ächzend auf die Toilette sinken lässt.


Kaum hast du eine Atempause, geht es wieder los mit Tines ungutem Einfluss. Irgendwie kriegt sie dich in ihrem Effektivitätswahn dazu, kurz beim PC vorbeizustreunen, den Stecker wie zufällig reinzudrücken und nötigt dich auch dort, auf´s Knöpfchen zu tippen, obwohl du dir zum xten Male vorgenommen hast, zunächst ganz in Ruhe deinen Milchkaffee zu trinken, ohne deine 148.713 Mails zu checken und sofort damit anzufangen, nur mal kurz die Welt zu retten.


Hast du einen Lebensabschnittspartner, dann hörst du ihn garantiert im Bad rumoren und ärgerst dich, dass er offensichtlich nicht so versklavt ist wie du und nur drauf wartet, dass du ihm seinen frischgebrühten Kaffee reinreichst, was er, wenn du Glück hast, mit einem lieblichen Lächeln belohnt, oder war es doch nur wieder getarnte Schadenfreude, dass er nicht der Erste in der Küche war und Tine, das Scheusal, vorfand?

Sie gibt einfach keine Ruhe. Du schaust auf die Uhr, und sie gemahnt dich daran, dass du jetzt besser das Müsli und die Milch auf den Tisch stellst, sofern du mit deiner Partnerin vor´m Abflug noch ein paar freundliche Worte wechseln willst. Du versuchst, zumindest deinen Kaffee am Tisch und nicht vor dem PC zu trinken - und damit Tine Rou zu entgehen.

Da dein Herzblatt jedoch wiederholt viel zu lange braucht und ebenfalls von Tine zu etwas gezwungen wird, nämlich die Lidstriche sicherheitshalber erneut nachzuziehen (obwohl die stets perfekt sind!), bist du seltsamer Weise wieder dabei, die ersten überflüssigen Mails zu löschen, was Herzblättchen ins Zimmer hereinkommend mit einem bösen Blick quittiert und sich von der Rou zu der Bemerkung hinreißen lässt:

„Muss das denn immer sein, Liebes?“

Du zuckst zusammen und setzt dich verschämt an den Tisch, während Herzchen lustlos im Müsli herumstochert, weil es absolut genervt von Tine Rou zu sein scheint. Du überlegst, ob du ihm eventuell dein Leid über die tyrannische Rou klagen solltest. Du bist dir nicht sicher, wie sehr es vielleicht ebenfalls unter ihr leidet. Vielleicht mag dein Herzblatt die dumme Kuh ja sogar?!

Du sagst dir - weil du es keine Sekunde länger erträgst - dass du umgehend volles Risiko fährst und etwas Unvorhergesehenes tust, um die Herrschaft dieser Dame einzuschränken und sie zumindest vorübergehend aus deinem Leben zu verbannen.
Du kommst dir blöd und verunsichert vor. Du versuchst, Herzblättchen zu hypnotisieren. Und siehe da, nachdem du eine Minute volle Kraft voraus deine Blicke auf dein Liebes geheftet hast, wendet es endlich seine wundervollen Äuglein auf dich und schaut dich an. Ein Lächeln huscht über sein Gesicht.

Es sieht intelligent, wohlwollend und wissend aus.

Oh, wie schön ist das denn? Herzblättchen nimmt tatsächlich vollkommen unabhängig von Rous Diktatur DEINE HAND! Das ist ja unglaublich.

Die Besatzerin hat offensichtlich das Weite gesucht!
Du fühlst, wie du rot wirst und dir die Hitze von oben nach unten durch deinen Leib wallt, beugst dich nach vorn, schaffst es sogar, dich zu erheben, ohne Herzls Hand loszulassen und setzt dich herausfordernd lächelnd mittenmang auf den Schoß dieses deines Lebensabschnittspartners. Es dämmert dir langsam aber sicher, dass dein Herzblatt vielleicht mehr als ein Lebensabschnittspartner sein könnte.

Und dann? Kommt Tine Rou etwa wieder rein?


Nein, juchhu!
Du steuerst mit deinem Mund zielsicher auf den von deinem entzückenden Herzblättchen zu und gibst das Beste, was du hast:

Einen ganz dicken fetten Knall-Kuss.

Copyright: „Herzblatt“ by Peter Kupferschmidt











 

Schluss mit Routine, zumindest für heute morgen!


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